Die meist zu Jahresbeginn
übliche Betrachtung der eigenen Vermögensentwicklung richtet den Blick
natürlich auch auf das eigene Depot. Hierbei tritt nicht selten eine
gewisse Ernüchterung ein, denn die eigene Depotentwicklung ist praktisch
immer (deutlich) schlechter als die Indexentwicklung, die man kurz
vorher z.B. in der Zeitung gelesen hatte. Woran liegt das? Eine
Indexentwicklung ist in der realen Welt nicht erreichbar, denn
1) Ein Index, wie z.B. der MSCI World, ist noch kein Indexprodukt
(=ETF) und die Umsetzung in einen ETF kostet meist 0,5 % bei Welt- und Europa-Indizes, bei
Emerging Markets-Indizes etwas mehr (0,8 %); vgl. "Finanztest",
Febr. 2021 ("Die besten ETFs", 5-Jahresdurchschnitte).
2) Eine ETF-Entwicklung ist immer vor Steuern definiert, während das normale Depot Steuern abführt auf
Erträge, Verkauf von Gewinnpositionen oder (seit 2019) auch als
Vorabpauschale auf thesaurierende Fonds/ETFs. Bei Dividendenausschüttungen
gehen 26,4 % (28 % inkl. Ki-Steuer) ab als Abgeltungssteuern, bei 2 % Erträgen also 0,53 %.
4) Ein ETF befindet sich noch nicht im Depot, sondern die Positionen müssen erst angeschafft werden. Für eine Order von 10 T€ fallen ca. 0,3 % Ordergebühren an, zusätzlich noch der sog. Spread, also die Spanne zwischen Kauf- und Verkaufs-Börsenpreis. Der Spread beträgt meist ca. 0,1-0,5 %. Je öfter gehandelt wird, desto stärker fallen Orderkosten und Spreads ins Gewicht. Bei einer Order - Kauf oder Verkauf - über 10 T€ also mit ca. 0,6 %. Mittels optimierter Kaufzeitpunkte können die Spreads meist auf 0,1-0,3 % reduziert werden.
5) Im globalen
Industrieländer-Index MSCI World entfallen seit etlichen Jahren mehr
als 60 % allein auf die USA. Damit ist zumindest ein erhebliches
Währungsrisiko verbunden aus Euro-Sicht. Deshalb wird für die meisten
Depots eine balanciertere Verteilung angestrebt mit relativ höherer
Gewichtung auch von Europa und Emerging Markets (EM). Eine solche
Abweichung kann sich phasenweise auch negativ gegenüber dem MSCI World verhalten, da z.B. in den 2010er Jahren die
US-Entwicklung deutlich besser war als jene in EU und EM. Dies kann sich
aber durchaus umkehren in den 2020iger Jahren, wenn z.B. die
EM-Entwicklung wieder deutlich anzieht. Dann würde ein
stärker balanciertes Depot besser laufen als ein primär MSCI World-orientiertes.
Summiert man die typischen Kostenpositionen 1) - 4) auf, so entstehen in Summe ca. 1,4 % p.a. an Depot-Kosten bzw. Performance-Nachteilen gegenüber einem reinen Index (Positionen als fiktive Durchschnittswerte):
zu 1) ca. 0,6 % als effektive ETF-Kosten (die ausgewiesene "TER" beinhaltet nicht alle Kosten)
zu 2) ca. 0,4 % als lfd. Besteuerung (große Varianz, da Freistellungsvolumen von 801 € p.P.,
das lfd. Erträge bis ca. 40 T€ Depotvolumen schützt, bei Verkäufen/Umschichtungen aber auch schnell
ausgeschöpft ist)
zu 3) ca. 0,2 % für Depot-Sparpläne
zu 4) ca. 0,2 % für
(anteilige) Orderkosten/Spreads (je nach Depotmodell ggf. keine Orderkosten, aber
lfd. Depotgebühren von ca. 0,3-0,8 %, z.B. bei Robo-Advisors)
zu 5) ggf. 0,5 - 3 % phasenweise Abweichung wegen Regionen-Mix (kann negativ wie positiv wirken).
Vergleicht man die eigene
Depot-Performance gegenüber einem ETF auf einen Welt-Index, so fällt
zwar die o.g. Position 1) weg, alle anderen bleiben aber erhalten, d.h. auch von der ETF-Performance sind noch ca. 0,8 % p.a. an Depot- und Steuerkosten abzuziehen. Regionenabweichungen ggf. noch phasenweise.
Unabhängig von den o.g. unvermeidbaren Anlagekosten von knapp 1 % p.a. schlagen faktisch die Kosten für psychologische Fallstricke deutlich stärker zu Buche: Diverse Untersuchungen weisen zwischen 1,5 bis 5,6 % p.a. aus, vgl. in den folgenden Links:
Vgl. https://gafib1.blogspot.com/2019/03/posting-59-typische-anlagefehler.html
Vgl. https://gafib1.blogspot.com/2020/11/posting-86-advisors-alpha-welchen-wert.html
Vgl. https://www.marketwatch.com/story/americans-are-still-terrible-at-investing
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