Posting 82 - Rentenfaktor und lebenslange Depotentnahme (Entnahmeplan) nach der 4 %-Regel - update per März 2024
Private oder betriebliche Rentenversicherungsverträge zahlen in der Rentenphase nach einem sog. Rentenfaktor auf das angesparte Vertragskapital (bei R-Faktor 40 wären es 40 € Monatsrente pro 10.000 € Vertragskapital). Während die garantierten Rentenfaktoren im Jahr 2010 ab Alter 60 Jahre noch um 40 lagen, sind diese heute (2023) oft bereits auf 25 oder weniger abgeschmolzen - hauptsächlich als Folge des Zinsniveaus und der steigenden Lebenserwartung.
Bei einem angenommenen Rentenfaktor von 34 haben Versicherte ihre Einzahlungen nach etwa 25 Jahren wieder. (34 € pro Monat = 408 € p.a. | 10.000 € : 408 € = 24,5 Jahre) Liegt der Rentenfaktor hingegen bei 24, brauchen Versicherte dafür schon fast 35 Jahre. Bei einem Rentenfaktor von 20 dauert es sogar 42 Jahre.
Die gesetzliche Rentenversicherung (GRV) bietet aktuell in 2023 ab Alter 67 Jahre einen Rentenfaktor von ca. 41 netto (d.h. nach Abzug des KV-Anteils von ca. 8 %), so dass hier ein Kapitalrückfluss nach ca. 21 Jahren gegeben wäre (mit Alter 88 Jahre). Damit liegt die GRV entgegen den üblichen Erwartungen deutlich besser als fast alle privaten Rentenversicherungen. Vgl. https://gafib1.blogspot.com/2019/03/posting-42-rentenvorsorge-fur.html + https://www.ihre-vorsorge.de/rechner/freiwillige-rentenversicherung
Vgl. Rentenfaktor Private Rentenversicherung: https://www.dieversicherer.de/rentenfaktor-versicherung-400 Günstige Rentenversicherer bieten aktuell (in 08-2023) bei Neuabschluss z.B. einer "Sofortrente gegen Einmalbeitrag" nur noch Rentenfaktoren von 25 ab Alter 60 Jahre, 28 ab Alter 63 und 32 ab Alter 67 Jahre. Vgl. https://www.europa.de/versicherungen/private-rentenversicherung/klassische-rente/tarifrechner
Nachdem private (Sofort-)Renten kaum noch zu guten Ergebnissen führen, stellt sich die Frage nach rentableren Alternativen für die Rentenphase.
Tatsächlich existiert eine entsprechende Strategie schon seit langem und erfordert nicht einmal eine besondere Änderung in der Rentenphase - vielmehr kann ein existierendes Depot einfach fortgeführt - oder eben eröffnet - werden.
Um die Schwankungsbreite eines globalen Aktiendepots von ca. 15 % pro Jahr zu reduzieren, bietet sich eine Beimischung von Anleihen oder eines Tagesgeldkontos an. Ca. 60-80 % Aktien-/ETF-Anteil sind aber nötig, um eine Depot-Gesamtrendite von längerfristig mehr als 4 % p.a. zu erzielen, denn Defensivanteile verwässern die Renditeerwartung.
Vgl.: Richtige Aktienanlage: https://gafib1.blogspot.com/2019/10/posting-81-richtiges-aktiensparen-ist.html
Eine "sichere Entnahmerate" von ca. 4 % (-5 %) p.a. ist möglich, ohne dass der Depotbestand angegriffen wird, weil ein gut strukturiertes globales Aktienportfolio eine erwartete Rendite hat von ca. 8 % p.a. Eine alternative Sofortrente bzw. auszuzahlende Rentenversicherung dagegen erzielt inzwischen kaum mehr als ca. 1 % jährliche Rendite, was laufende Realwertverluste nach Inflation bedeutet.
Eine Depot-Entnahmerate von 4 % würde einem Rentenfaktor von 33 entsprechen, und das sogar bei Kapitalerhalt und ab jedem Alter, z.B. auch schon ab Alter 55 Jahre (!). Also 400 € pro 10.000 € Kapital p.a. = 33 € pro Monat). Diese Situation spricht klar für eine Entnahmeplan-Strategie, zumal das Kapital auch noch voll vererbt werden kann, eine Rente im Todesfall jedoch entweder entfällt oder bei Vereinbarung einer Fortzahlungsperiode von z.B. zehn Jahren nochmals deutlich absinkt bzgl. des Rentenfaktors.
Mit höchster Wahrscheinlichkeit reicht ein solcher Depot-Entnahmeplan über Zeiträume von 30+ Jahren bzw. unbegrenzt. Eine "dynamische" Entnahmestrategie basierend auf dem Depotwachstum des Vorjahres und mit hohem Aktienanteil des Depots führt im Durchschnitt zu den höchstmöglichen Entnahmeraten von bis zu ca. 6 % inkl. Kapitalverzehr bei 30 Jahren Laufzeit. Diese Strategie eignet sich vor allem, wenn eine Basisversorgung durch Rente oder Pension vorhanden ist. Praktisch würde diese Strategie bedeuten, dass man an jedem Jahresende neu ermittelt, welches tatsächliche Kapital noch zur Verfügung steht und die Kapitalentnahmerate dann neu justiert mit den Angaben zu (Rest-)Rentendauer, Zinssatz (Depotrendite), Dynamik (Inflationsrate), Steuersatz und ggf. Restkapital, das am Rentenende noch verbleiben soll. Der Steuersatz ist zu individualisieren, da der u.g. Entnahmerechner Steuerabzüge kalkuliert bezogen auf (fiktive) fixe Zinsen, nicht auf das individuelle Depotwachstum, das ja ein Mix ist aus aufgelaufenen Wertzuwächsen und lfd. Dividenden. Meist wird der individuelle Steuerabzug deutlich geringer ausfallen als die formellen 26,4 % Abgeltungssteuern auf Erträge/Wertzuwächse. Ein Vorjahresvergleich zur effektiven Gesamtsteuerbelastung aller Entnahmen liefert gute Anhaltspunkte.
-> Siehe Entnahmeplan-Rechner: https://www.zinsen-berechnen.de/entnahmeplan.php
Ein simples Entnahme-Verfahren (nur schematisch zu verstehen, die Steuerkomponente ist zusätzlich wichtig): Man bringt 50 % des Verrentungskapitals in einen Weltaktien-ETF ein (z.B. auf Basis des MSCI All-Countries World), die zweiten 50 % in einen gemischten Welt-Aktien-/Anleihen-ETF (etwa von Vanguard, 60:40-Mischung). Dann entnimmt man jedes Jahr als Gesamtrate soviel, dass beide Töpfe gleich groß bleiben. Nach starken Aktienjahren also mehr aus dem Aktien-ETF, nach schwachen Jahren mehr aus dem Misch-ETF. Wer bereits ein Depot hat, kann auch ca. 25 % des Depotvolumens in einen reinen Anleihen-ETF einbringen und entsprechend vorgehen. Nach jeder Jahresentnahme soll der Anleihen-ETF also seinen 25 % Depotanteil behalten. Aber Vorsicht: Bei erheblichen Zuwächsen im (langjährigen) Depot dürften sich größere Umschichtungen zu Beginn einer Entnahmephase nicht lohnen, weil die sofortige Steuerzahlung zuviel an Depotvolumen verzehren würde. Hier wäre eher daran zu denken, eine evt. Defensivkomponente aus neuen Mitteln, etwa einer ablaufenden Lebensversicherung oder betrieblichen AV zu bestreiten.
Vgl.: https://www.finanzfluss.de/geldanlage/entnahmestrategien/
Vgl. Versicherer kürzen Rentenfaktor: https://www.cash-online.de/versicherungen/2022/rentenkuerzung-durch-versicherer-rechtens/590649
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