Sonntag, 20. August 2017

Posting 44 - Betriebsrenten ohne Arbeitgeber-Zuschuss sind oft nicht lohnend - update Juni 2021

Seit 2004 (Einführung "GKV-Modernisierungsgesetz") müssen gesetzlich krankenversicherte Betriebsrentner auf die Auszahlungen in der Rentenphase den vollen Krankenversicherungsbeitrag (inkl. PV-Beitrag aktuell ca. 19 % mit steigender Tendenz) allein tragen - ohne hälftige GKV-Entlastung von ca. 8 % wie in der gesetzlichen Rentenversicherung. Durch diese neue Beitragspflicht (auch auf ältere Verträge) ab 2004 ergibt sich eine sog. "Doppelverbeitragung" - d.h. in der Ansparphase gab es nur eine hälftige Entlastung in der GKV für Einkommen bis zur Beitragsmessungsgrenze (BBG), in der Rentenphase jedoch tragen Rentenbezieher den vollen GKV-Beitrag allein.

1. Die rund 20 % Extrabelastung KV/PV* (*vgl. aber unter 3.) auf die Rentenleistung neben der normalen Steuerbelastung, nicht selten insgesamt ca. 50 % Rentenminderung, "zerschiesst" in vielen Fällen die Effizienz eines bAV-Vertrages, zumal dann, wenn es sich um einen klassisch teuren Provisionstarif handelt, der auch in der Fonds-gebundenen Variante selten mehr als ca. 2-3 % Netto-Rendite nach Vertragskosten erwirschaftet.

2. Außerdem führt die Entgeltumwandlung in vielen Fällen zu einer Minderung von Ansprüchen an die gesetzliche Rentenversicherung, an Lohnersatzleistungen wie Krankengeld, Arbeitslosengeld oder Elterngeld - nämlich dann, wenn bAV-Beiträge via Entgeltumwandlung unterhalb der Beitragsbemessungsgrenzen (BBGen) in RV und KV entnommen werden.

a) Betriebsrentenbeiträge aus Einkommen oberhalb der BBGen (2021: 7.100 € in in der GRV bzw. 4.838 € in der GKV) = keinerlei Beitragsentlastung in der Sozialversicherung (18,6 % RV, 15,6 % KV, 3,3 % PV, 2,5 % Alo-Vers. = Summe 40 %) in der Ansparphase, aber dennoch eine volle KV-Verbeitragung in der Rentenphase (= sog. "Dreifachverbeitragung" bezogen auf den bereits hälftig geleisteten KV-Beitrag auf Einkommen bis zur BBG). 

b) Betriebsrentenbeiträge aus Einkommen unterhalb der BBG = Hälftige Beitragsentlastung für Betriebsrentenbeiträge für AG und AN von je 20 % (davon KV/PV-Entlastung ca. 9,5 %). Dafür aber geringere Ansprüche in der RV und Alo-Versicherung für den AN. In Rentenphase Belastung mit vollen KV-Beiträgen - sog. "Doppelverbeitragung" (inkl. der PV-Beiträge fast 20 %).

Die Nachteile nach 1) und 2) lassen sich meist nur durch einen sehr deutlichen Arbeitgeberzuschuss kompensieren, der daher von hoher Wichtigkeit ist (möglichst mind. 30 %). Der gesetzliche AG-Zuschuss von 15 % reicht oft nicht aus, um die Nachteile zu kompensieren. 
 
3. Eine Erleichterung für kleinere Renten bis ca. 200 €/Monat wurde durch die Einführung eines Freibetrags ab 01.01.2020 geschaffen: Das GKV-Betriebs­rentenfrei­betrags­gesetz entlastet die meisten Betriebs­rentner seit Januar 2020 bei den Krankenkassenbeiträgen. Für alle Betriebs­renten gilt nun ein Frei­betrag von 164,50 Euro (2021), bis zu dem keine Krankenkassenbeiträge mehr fällig werden. Betriebsrenten werden also erst mit KV-Beiträgen belastet auf die Teile oberhalb des Freibetrags. PV-Beiträge werden weiterhin voll verbeitragt.
 
https://www.test.de/Betriebsrente-Entlastung-bei-Krankenkassenbeitraegen

4. Schwierigkeiten ergeben sich in der Praxis auch beim Wechsel des Arbeitgebers. Eine Vertragsübertragung ist zwar seit 2005 gesetzlich vorgesehen, findet in der Praxis jedoch wenig Anwendung, da diese aufwändig ist und mit Kostennachteilen verbunden sein kann. Vgl. https://www.geldtipps.de/rente-pension-altersvorsorge/betriebliche-altersversorgung/betriebsrente-uebertragung-zum-neuen-arbeitgeber-moeglich-und-sinnvoll

5. Wer gesetzlich KV-versichert ist, fährt bei höheren bAV-Renten ohne erheblichen AG-Zuschuss häufig besser mit einem kostenminimierten Rürupvertrag (= provisionsfreie "Netto"-Produkte) - die Steuerentlastung ist identisch hoch wie bei einer bAV, die KV/PV-Verbeitragung in der Rentenphase entfällt jedoch. Nachteil bei Rürup ist, dass nur eine Rente möglich ist, keine Kapitalisierung. Eine weitere Alternative wäre freies Aktienfonds-Sparen mit einem ETF-Weltportfolio.
 
6. Vor Abschluss einer Entgeltumwandlung (Direktversicherung etc.) müssen daher auch die Belastungen im Alter und die Auswirkungen auf die Höhe der gesetzlichen Rente und anderer Lohnersatzleistungen durchgerechnet und mit alternativen Optionen verglichen werden. Hierzu sind insbesondere unabhängige Honorarberater in der Lage, da diese ohne Verkaufsinteressen neutral beraten können.

Vgl. "SZ": Warum die Betriebsrente oft deutlich geringer ausfällt? https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/betriebsrente-doppelverbeitragung-krankenversicherung-1.4633354

Vgl. Direktversicherung: https://www.finanztip.de/betriebliche-altersvorsorge/direktversicherung/

Vgl. Betriebsrenten-Reform per Januar 2020: https://www.haufe.de/personal/entgelt/betriebliche-altersversorgung-entlastung-von-betriebsrenten_78_504548.html  (Achtung: Freiwillig GKV-Versicherte profitieren nicht; hohe Gesamtrenten ebenfalls nicht, sofern etwa die GRV-Rente gemeinsam mit der Betriebsrente nach Abzug des Freibetrages noch die KV-BBG (in 2021: 4.838 € =  max. Verbeitragungsgrenze) überschreitet.

Vgl. Anwendung Neuregelung Betriebsrentenreform ab Jan. 2020: https://www.versicherungspraxis24.de/aktuelles/aktuelle-news/?user_aktuelles_pi1%5Baid%5D=403381&cHash=9f4daeafc85a421a0909207f2ef5a410
 
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